Bericht zur Tour
Autor
Felix Betschon
Erstellt am
10.05.2021 22:14
Letzte Änderung
19.05.2021 9:58
Tourenbericht

Nach weitgehenden Abklärungen zusammen mit dem Bergführer Markus Kühnis entschlossen wir uns die Skihochtourentage im Grand Combin Gebiet durchzuführen. Die Vorhersagen waren nämlich durchzogen: Freitag Übergang zu besserem Wetter, Samstag schön, Sonntag starker Föhn und am Montag eine Kaltfront und Blankeis auf mehreren hundert Höhenmetern auf dem Zustieg zum Grand Combin. Die Entscheidung war die richtige!
Freitag, 7.5.2021
Wir (Heidrun Gattinger, Marc Mittelholzer, Reto Kugler, Elsbeth und Felix Betschon) trafen uns am Freitag Morgen früh um 0400 Uhr beim Busbahnhof bei der FHSG, wo wir das Büssli von Markus Kühnis bestiegen. Schnell wurde es ruhig im Bus. Die frühe Morgenstunden liessen die meisten Teilnehmer einnicken. Das Wetter war bis nach Fionnay sehr garstig, dort beruhigte es sich aber wie erwartet. So schnallten wir die Ski auf die Rucksäcke und marschierten los – aber nicht weit. Nach ca. 10 Minuten konnten wir die Ski schon wieder runternehmen, da es nun genügend Schnee gab, um den weiteren Hüttenweg auf ihnen zu bewältigen. Es war ziemlich warm und je höher wir stiegen, desto mehr Schnee hatte es. Wir waren froh, dass wir so früh unterwegs waren. So kamen wir nach alter Skitourenregel kurz nach Mittag in der Panossière Hütte an. Dort wurden wir freundlich erwartet. Nach einem üppigen Mittagessen und Kaffee und Kuchen entspannte sich jeder individuell (Siesta). So verging der Nachmittag trotzdem im Flug und nach einem feinen Nachtessen schmiedeten wir die Pläne für den nächsten Tag. Aufgrund der angespannten Lawinensituation und der noch beschränkten Akklimatisation der Teilnehmer entschlossen wir uns für den Petit Combin.
Samstag, 8.5.2021
Tagwache um 0500, Abmarsch um 0545, dazwischen Morgentoilette, Felle aufziehen, Sonnencreme montieren, Morgenessen, Tee abfüllen… etc. der versierte Bergler weiss wie es abgeht! Bei grandiosem Wetter marschierten wir via dem Glacier de Corbassière in Richtung Petit Combin. Wie erwartet waren die Hänge stark geladen. So beobachteten wir einige kleinere und grössere Rutsche. Dank der vorsichtigen Routenwahl und Taktik von Markus war das aber kein Problem. So erreichten wir glücklich den Sattel südlich des Combin de Corbassière. Von dort war es dann ein Katzensprung. Ohne Probleme erreichten wir den Petit Combin. Neben der grandiosen Aussicht, konnten wir die verschiedenen Anflüge eines Heli-Flugschülers begutachten und sie später mit der spektakulär präzisen Landung eines Profis vergleichen. In der Zwischenzeit wurden die Ski montiert, so dass wir uns ins Vergnügen stürzen konnten. Wir genossen den Pulver auf dem Glacier des Follats. Leider war wegen der Lawinensituation die direkte Abfahrt auf den Glacier de Corbassière nicht möglich. So fellten wir auf ca. 3400müM an und stiegen auf zum Übergang, wo wir wieder auf unsere Aufstiegsspur stiessen. Während der kurzen Pausen auf der weiteren Abfahrt konnten wir gut die Route auf den Grand Combin studieren. Durch die Niederschläge der letzten Tagen schienen zumindest Teile des Couloir du Gardin mit Schnee bedeckt. Mit grosser Spannung schauten wir also dem nächsten Tag entgegen.
Sonntag, 9.5.2021
Sonntagmorgen, das erneute Morgenritual erspare ich dem Leser. Pünktlich um 0345 marschieren wir unter klarem Sternenhimmel wiederum auf dem Glacier de Corbassière in Richtung des Plateau des Maisons Blanches. Dort seilten wir uns aufgrund des eingeschneiten Gletschers an. Mittlerweile übernimmt die Sonne den Himmel, so dass wir mit angenehmen Temperaturen via Plateau Déjeuner ins immer steiler werdende Couloir du Jardin querten. Es stellte sich schnell heraus, dass die am Vortag gesichtete Schneeschicht nicht genügte, um auf Ski hochzusteigen. So schnallten wir auf ca. 3600müM die Ski auf die Rucksäcke und montierten die Steigeisen. Am kurzen Seil ging es dann weiter bis ca. 3800müM wo wir unterhalb des Gletscherabbruchs definitiv auf Blankeis stiessen. Unter der Führung von Markus stiegen wir in drei Zweierteams gesichert, zwei Seillängen, durch die steilen Passagen der Abbrüche. Mit grosser Erleichterung traten wir nach diesen Anstrengungen ins Sonnenlicht des Gipfelplateaus. Der Gipfel war greifbar nah – nur noch ein paar wenige Spitzkehren. Aber weit gefehlt! Auf den letzten zweihundert Höhenmetern erfasste uns der angekündigte Föhnsturm. Die starken Böen liessen einige von uns umfallen. Die Spitzkehren wurden zur Lotterie, sobald die Ski angehoben wurden und wie Flügel im Wind flatterten. Es war ein kräftezehrender Kampf hoch auf den Gipfel. Überglücklich erreichten die drei Zweierseilschaften den Gipfel. Wie schon oft beobachtet, war der Wind auf dem Gipfel weniger stark, so dass wir kurz die Aussicht auf die anderen grossen Berge, inkl. Mont Blanc, geniessen konnten und ein paar Photos schiessen konnten. Die ersten Meter der Abfahrt erfolgten wieder durch den Föhnsturm in Richtung der Mur de la Côte. Wo wir ca. 60m in den Sattel zum Combin de la Tsessette abseilten. Somit hatten wir den Zugang zum Corridor. Rasch fuhren wir durch die eindrücklichen Spaltenzonen und Brüche, auf schönen Schnee wieder hinunter aufs Plateau Déjeuner. Immer mehr liess die Anspannung nach und überglücklich genossen wir den Rest der Abfahrt zur Panossière Hütte. Zum Glück entschlossen wir uns schon am Vorabend, nicht direkt ins Tal abzufahren und nochmals eine Nacht in der Hütte zu verbringen. Hochzufrieden genossen wir das ausgezeichnete Nachtessen und erzählten von unseren Eindrücken und Gefühlen während dem grossen Abenteuer.
Montag, 10.5.2021
Diesmal standen wir erst um sieben auf und nahmen das Bergsteiger-Morgenritual etwas lockerer. Markus schlug uns vor, die Abfahrt ins Tal nicht via dem Winterweg zu machen, sondern entlang der Suone zu nehmen. So konnten wir uns den Gegenanstieg zum Corbassière ersparen. So begingen wir nach kurzer Abfahrt zu Fuss die spektakuläre Suone der Corbassière, beobachtet von einer Gruppe Steinböcke. Danach erfolgte die Abfahrt durch den Wald auf immer schwerer werdendem Schnee bis fast zum Büssli von Markus. Müde, aber glücklich und stolz, fuhren wir dann wieder nach Hause in die Ostschweiz.