Bericht zur Tour
Autor
Angelika Buitendijk
Erstellt am
28.02.2019 11:54
Letzte Änderung
28.02.2019 12:09
Tourenbericht

Die Unternehmung begann für den Verfasser dieser Zeilen, als er am Lift des Bahnhofs St. Gallen auf eine Dame mit Tourenausrüstung stiess, die er wegen Aspekt und Gepäck ansprach mit den Worten: „Wir haben wohl das gleiche Ziel ?“ Die Antwort war: „Sicher nööd, es goht zum Reschenpass !“ Ich entgegnete: „ Eben, mit dem SAC.“ Mein Gegenüber, das sich dann als Ursula herausstellte, war sicht- und spürbar konsterniert, dass da tatsächlich ein fremder Mann mit von der Partie sein sollte. Man kam sich im Verlauf der Woche selbstverständlich näher.

In Buchs wurden wir von Hans Vetsch am Bahnhof abgeholt, die Gruppe war komplett und wir fuhren richtung Arlberg. In St. Anton bestiegen wir die Rendlbahn (Eiergondeln), dann noch einen Sessellift und querten ins Gelände. Los gings mit dem Aufstieg zur Rossfallscharte, ca. 800 Höhenmeter, die dem einen oder der anderen am Ende (Höhenanpassung ?) etwas schwer fielen. Der Gipfel kurz oberhalb der Scharte war die Mitterkarspitze, knapp 2800 m hoch. Bei absolut wolkenlosem Himmel fuhren wir über perfekte Pulverschneehänge ab ins Malfontal, der reine Genuss ! Newcomer Michael wurde wegen seiner etwas wilden Fahrweise sanft zurechtgewiesen, landete (zur Strafe ?) gegen Ende auf der schmalen Waldabfahrt im steilen Abhang und sehr tiefem Schnee, was eine Rettungsaktion von Bruno und Hans notwendig machte, um ihn auf den Pfad der Tugend zurück zu hieven. Am Ende gab es keine Belohnung durch ein nettes Café, sondern eine kurze Wartezeit im Foyer eines öden Schwimmbades.

Es ging weiter nach Reschen. Unser Hotel lag direkt an der Passstrasse und wurde von einem sehr sympathischen, jungen Wirteehepaar geführt. Die Zimmer waren o.k., Alle soweit zufrieden. Das Essen stellte sich mit 5 Gängen als sehr üppig, für manchen als zu üppig, heraus und war von sehr guter Qualität. Man konnte es gut aushalten im Reschnerhof.

Auch in unbekleidentem Zustand gab es Herausforderungen für den Teamgeist, und zwar beim Besuch der hoteleigenen Sauna. Dies wegen der dort recht engen Platzverhältnisse. Aber auch dieses Problem wurde von uns bravourös gemeistert.

Am Dienstag (wolkenlos) stand der Nockenkopf (2770 m) auf dem Programm. Nach Fahrt ins Rojental angenehmer Aufstieg über weite Schneefelder, sonnige Pause und erneut genial schöne Abfahrt nordseitig über Pulverhänge ins Tal. Die Brücke über einen sehr romantischen Bergbach war Endpunkt. Der Bus wurde blitzschnell von Hans geholt und das ersehnte Erfrischungsgetränk (sehr beliebt: Johannisbeerschorle) konnte in Rojen in der Sonne bei bester Aussicht genossen werden.

Am Mittwoch wurden wir morgens durch einige kleine Schleierwolken am Horizont beunruhigt, die sich freundlicherweise jedoch bald auflösten, sodass das Wetter wie gewohnt wolkenlos war. Die Logistik war diesmal etwas komplizierter. Man fuhr nach Taufers, d.h. es ging geographisch gesehen deutlich bergab. Dann wieder auf schmalem Strässchen ein Stück hinauf zum Eckhof, von wo wir zum Tellakopf (2525 m) aufstiegen. Leider stellte sich heraus, dass Michaels geniale Konstruktion zur Flüssigkeitszufuhr mit Beutel im Rucksack und Schlauchsystem so genial nicht war, sondern vor allem undicht, was zur Folge hatte, dass er unter sich liess und sein Getränk zwar partiell mittschleppte, es aber nicht konsumieren konnte. Nur dank seiner robusten psychischen Verfassung hat er den unvermeidbaren Spott ertragen.

Zunächst ging es durch einen märchenhaft anmutenden alten Kiefern-, Arven- und Lärchenwald, dann über weite Schneefelder mit wieder toller Aussicht. Die Abfahrt erfolgte durch das Arundatal bei oben besten Schneeverhältnissen. Weiter unten wurde es dann schwieriger, weil weicher, was zu dem einen oder andern Sturz führte. Dabei kam Brigitte trotz prinzipiell solider alpinistischer Ausbildung mangels Sicherung ihr Rucksack abhanden und musste einige Höhenmeter tiefer wieder geborgen werden. Zu Schaden kam niemand. Nach landschaftlich schöner Waldabfahrt trafen wir auf unseren inzwischen durch ein Taxiunternehmen (logistische Meisterleistung von Hans !) umparkierten Bus, mit dem wir zum verdienten Getränk in der Sonne mitten in das Dorf Mals fuhren.

Der Donnerstag (wolkenlos) führte uns ins Vallelungo, ein sehr reizvolles, nach Osten abgehendes Seitental. Von Malag (916 m) stiegen wir auf in eine eindrucksvolle Hochgebirgslandschaft, in der wir auf wie in einem Amphitheater aufgereihte, knapp über 3000 m hohe Gipfel zugingen (genannt Nasse Wand). Unterwegs musste eine recht steile, stark verharschte Passage überwunden werden. In vorbildlicher Serviceorientierung schaufelte Hans subito eine kleine Standfläche und montierte uns die Harscheisen, ohne dass wir die Skier abziehen mussten ! Auch dies war ein Erlebnis der besonderen Art. Schliesslich erreichten wir nach steilerem Endanstieg das Weisse Joch (2970 m), wir hatten 1050 Höhenmeter bewältigt. Ein sensationeller Blick bis zur Bernina –Gruppe war von unwirklicher Schönheit. Auf der anderen Seite konnte man auf die Zufahrt und die Liftanlagen des Kaunertaler Gletschers (Sommerskigebiet) schauen. Wir hatten es allerdings besser, nämlich eine einsame, wiederum genial gelungene Abfahrt bei besten Schneeverhältnissen, die dem Autor dieser Zeilen zwischenzeitlich die Tränen in die Augen trieb vor Glück. In Malag gab`s die obligatorische Stärkung.

Am Freitag zeigten sich tatsächlich ein paar Wölkchen am Himmel, eine kleine Störung kündigte sich an, die wir auch zu spüren bekommen sollten. Es ging nach St. Valentin, wo wir uns mit einer Eiergondelbahn zur Heider Alm transportieren liessen. Es stellte sich heraus, dass auch erfahrenen Bergführern Liftanlagen abhanden kommen können: Der erwartete Sessellift war inzwischen, vermutlich wegen Lawinengefahr, abgebaut worden. Also stiegen wir Richtung Seebodenspitz auf, zunächst recht bequem. Mit zunehmender Höhe nahm allerdings der Wind zu, was zu hübsch anzusehendem Schneetreiben über den Schneefeldern führte und zu eindrücklichen Schneefahnen am Grat. Der Wind wurde aber zunehmend böiger und bissig, vor allem im Gesicht, die Windstärke wurde auf 80–90 km/h geschätzt ! Da wurde die Angelegenheit schon anstrengender und nicht Wenige entwickelten Schwindelgefühle bei abnehmendem Wohlfühlfaktor. Auch auf der anderen Seite des Sattels waren die Verhältnisse noch unangenehm, man fuhr zügig ab. Etwas übertrieben schnell war Harald unterwegs, der unbedingt einen kurzen Gegenanstieg über eine kleine Wächte vermeiden wollte. Seine stark übersetzte Geschwindigkeit führte zu eine veritablen Luftakrobatiknummer, wobei er die Landung nicht vollständig beherrschte, man musste ihm zu Hilfe kommen. Nicht mehr zu helfen war allerdings seinem Skistock, der zu Bruch ging. Glücklicherweise ging die Showeinlage ohne Verletzung ab. Unten ging es dann etwas zäh das Rojental hinaus (Rast an einem offenbar denkmalgschützten Luxus-Heustadel) und zum Zehnerkopf Sessellift, der uns ins Skigebiet brachte. Es gab eine Pause am „Heuboden“ und Getränke von mässiger Qualität in einer Massenversorgungsstation der eher unangenehmen Art. Dann Abfahrt, ausnahmsweise mit vielen anderen Skifahrern über die normale Piste. Dies hatte den Vorteil, dass man die Tipps von Hans bezüglich Schwungsteuerung über den Fussballen bzw. die grossen Zehen (!!) ausprobieren konnte. Die Beherrschung dieser Technik benötigt allerdings nach meiner bescheidenen Meinung mehrere Übungs-Abfahrten.....

Der Abschied nahte, am Samstag (wolkenlos) entschloss man sich, bevor es nach Hause ging, zu einer nochmaligen Tour vom Rojental aus, zunächst durch ein kleines Wäldchen, dann über baum- und felsfreie Schneefelder, anfangs noch verharscht. Den höchsten Punkt erreichten wir nach Überschreitung des Grates von hinten. Nochmals gab es die schon fast gewohnte Super-Aussicht ins Silvrettagebiet, zum Berninamassiv und zum Ortler – man hätte sich daran gewöhnen können. Die Schneeverhältnisse bei der Abfahrt waren nicht ganz einfach und erforderten nochmals Konzentration und korrekte Belastung der Skier. Kurz vor dem Ziel musste noch mit Schwung ein Weidezaun überwunden werden. Wenn ich mich recht erinnere schaffte das Keine und Keiner, ohne nicht wenigstens einen Ski zu verlieren.

Die Rückfahrt nach Buchs war problemlos und staufrei. Es zog Alle nach Hause ausser Walz, der offenbar einen Hang zur Unersättlichkeit hat und sich von Buchs auf direktem Weg ins Prättigau nach St. Antönien begab.

Fazit: Wir haben eine aussergewöhnlich schöne, harmonische, wettermässig kaum zu toppende Woche erlebt mit vielen schönen Touren in einer traumhaften Gegend und bei fast immer perfektem Schnee. Hans Vetsch war uns ein sehr guter Bergführer, fürsorglich und mit dem immer richtigen Riecher für die optimalen Schneeverhältnisse.
Wir hatten gute Gespräche über Politik, Ernährung, Gesundheit, relevante Lebensinhalte etc. – und wir hatten vor Allem viel Spass. Last but not least: Wir sind Alle gesund und munter wieder zuhause eingetroffen. Was will man mehr ?
Ein grosser Dank gebührt Dorothea für die perfekte Vorbereitung und Organisation der Woche und Hans Vetsch, er ist - auch aus der Sicht eines mit Bergführern Unerfahrenen - wohl ein besonders herausragendes Exemplar dieser Berufsgattung.
Ein kleiner persönlicher Dank kommt von mir, nämlich, dass ihr mich mitgenommen habt.

Michael Töpfer

Im Namen von: Angelika, Brigitte, Dorothea, Margrit, Ursula, Bruno, Hans, Harald und Walz