Bericht zur Tour
Autor
Paul Frei
Erstellt am
07.09.2017 10:16
Letzte Änderung
07.09.2017 17:20
Tourenbericht

30.8.-2.9.17 / Kursleitung Othmar Urscheler

Tag 1

Mehrtageswanderungen im Tessin beginnen oft zerstückelt. Bis Bellinzona waren wir nur wenige, im Zug nach Lavorgo kamen weitere drei Teilnehmer dazu und beim Endbahnhof trafen wir Othmar und seine Frau Elisabeth. Mit dem kleinen Postauto ging es zum Ausgangsort Chironico (782 m), wo als letzter der moderne Nomade Jonathan zu uns stiess. Die Wanderung fing bei angenehmem Wetter ziemlich unspektakulär an. Rund 2 km führte ein mässig ansteigender Asphaltweg ins Val Chironico hinein, wo es dann rechts ab in den alten, steilen Verbindungsweg zu den Maiensässen ging. Beim Weiler Golzengo, in dem einige Rustici komplett eingefallen waren, rasteten wir kurz. Auf 1469 m querten wir das sorgfältig restaurierte, kleine Dorf Cala und stiegen anschliessend bei schwülwarmem, schweisstreibendem Wetter steil auf zur bewirteten SAC Hütte Alpe Sponda (1997 m). Das Rifugio ist sehr gut ausgestattet und wer unbedingt will, kann sogar eine grosszügige, neu eingebaute Dusche nutzen. Das Abendessen entsprach diesem Komfort, das heisst unter anderem, dass die Polenta nicht aus der Wurst gedrückt war, sondern 3 h vor sich hingeköchelt hatte. Eigentlich blieb uns nur die Sorge ums Wetter, das sich rasch verschlechterte. Der Merlot und sein Nachfolger Grappa drängten dann aber solch schwarze Gedanken rasch weg.

Tag 2

Der Morgen begann mit dem Luxus eines ausgiebigen Frühstücksbuffets bei unschönem Ausblick in trübes Wettergeschehen. Zeitweise regnete es, Nebelbänke zogen auf und zügig wieder weg und es war stark und dunkel bewölkt. Othmar hatte die undankbare Aufgabe des Entscheids auf Tourabbruch oder Weitergehen. Er entschied sich schliesslich auf Weiter und wir, seine Tourteilnehmer, waren froh. Denn den gleichen Weg wieder runterzugehen ist keine erbauliche Aussicht. Über Nacht war es auch kühl geworden. Trotz alldem hatten wir Glück, denn der Regen wurde vorerst spärlich und setzte teilweise aus. So marschierten wir zufrieden auf einem anspruchslosen Wanderweg gegen den hintersten Talkessel. Hier ging es dann aber abrupt über in einen kräftezehrenden, weglosen Steilaufstieg. Immer neue grobe Felsblöcke mussten überwunden werden. Das Blockgeröll, die Geröll- und Schutthalden erforderten teils eine Kraxelei auf allen Vieren. Dennoch kam nie eine Unsicherheit über die Richtung auf. Die weiss-blau-weissen Markierungen folgten dicht auf dicht und waren dank frischem Anstrich sehr gut erkennbar. Beides war auch nötig, denn es trübte ein und begann zu regnen, zu unserem Glück zuerst als sanfter Landregen. Oben auf der Passhöhe (Basso del Barone, 2585 m) windete es zudem kräftig und der unten liegende Lago Barone war nur mässig gut erkennbar. Dichter Nebel verunmöglichte uns diskussionslos den Aufstieg zum Pizzo Barone. Bei intensiver werdendem Regen waren wir froh, als sich auf 2172 m die Umrisse des Rifugio Barone aus der Wettersuppe schälten. Nun zeigte sich, dass ein Ex-Hüttenwart als Tourteilnehmer ein wahrer Segen ist. Innert kurzer Zeit wärmte und trocknete der Holzofen und am Abend stand ein wohlschmeckendes 4-Gang-Menü parat. Aus der Behaglichkeit der sauberen und gut eingerichteten Capanna zeigte sich draussen ein einzigartiges Schauspiel. Der Starkregen füllte rundherum in den Felswänden Bäche, die sich als Wasserfälle entluden; selbst der Wanderweg neben der Hütte mutierte zum Bächlein. Dazu bis spät in die Nacht Blitz und Donner, alles in allem eine wahre Pracht.

Tag 3

Ohne jede Website hatte Othmar prophezeit, es werde alles runterkommen bis es nix mehr oben habe. So geschah es. Der frühe Morgen zeigte sich noch bedeckt, aber es wurde rasch sonnig und wie häufig nach Intensivregen sah es nach gewaschener Natur aus. Die Fernsicht war erstklassig und die Berge zeichneten sich in intensiven Farben scharf ab. Durch das wilde und nahezu unberührte Val Vegornèss stiegen wir rund 1200 m ab, ohne dass wir beim Queren der Bäche nennenswerte Probleme hatten. Besonders auffällig und sehenswert waren die zahlreichen hohen Wasserfälle, die sich in die Becken der noch jungen Vercasca ergossen. Bei bereits wieder aufziehenden Gewitterwolken trafen wir in Sonogno ein. Das Tessiner Bergdorf wird den einen oder anderen noch aus der Erzählung «Die schwarzen Brüder» bekannt sein. Hübsch, aber auch voll touristisch erschlossen. Wie auch immer, die eigentliche Tour war vorbei und als heitere Schlusspointe warteten wir vergeblich auf das Postauto. Die App gab die Abfahrt zwar korrekt an, die Bustafel stand am richtigen Ort und wir zeitgerecht davor. Nur kehrte und fuhr der Bus 100 m weiter unten ab und uns blieb nur die Sicht auf eine gelbe Rückfront. Erst jetzt lasen wir den diskreten Hinweis an der Bustafel, die Haltestelle sei provisorisch um 100 m verlegt worden. Naja, man lernt nie aus, auch auf Apps ist nicht immer vollumfänglich Verlass.

Die Tour ist rundum empfehlenswert. Im Netz finden sich die näheren Daten. Konditionell sollte man einigermassen fit und recht trittsicher sein. Der Weg ist gut signalisiert und auch in den höheren Regionen durchgehend markiert. Die Hütten (Rifugio/Capanna) sind bestens unterhalten und decken alle Bedürfnisse ab. Die Verbindungen des öV zum Ausgangs- und ab Zielort sind hinreichend dicht.

Im Namen aller danke ich Othmar für die Organisation und die sichere Führung der Tour, wie auch für die träfen Bemerkungen zu Dies und Das. Ich selber bedanke mich zusätzlich bei allen Teilnehmern für die perfekte und wohlabgestimmte Zusammenarbeit in Küche und Haus.